Eine leidenschaftliche Liebesgeschichte, packend und klug
5. Dezember 1999
Von Dr. Michal Wulff
Die aufwühlende Liebesgeschichte von Elisabeth und Raffael, einer Deutschen und einem Israeli, ist lebendig, spannend, amüsant zu lesen, ein Buch, dem man anmerkt, dass es Spass machte, es zu schreiben. Es enthält viel Wissen, genaue Kenntnisse über alte, jüdische Traditionen und neuen Lebensstil in Israel, über Geschichte und heutige politische Verhältnisse, Landeskunde, Veränderung der jüdischen Persönlichkeitsstruktur - die Autorin verfügt über eine umfassende Kenntnis aller möglicher Ebenen der israelischen Gesellschaft. Geschickt auch, die Handlung um die Ermordung Yitzhak Rabins zu bauen, das gibt einen präzisen, authentischen Bezug, zeigt die Spaltung im Volk auf, die sich zwischen Elisabeth und Raffael wiederholt. Mir gefiel die kritische Betrachtungsweise, die nie frei von Sympathie ist, die versucht, sich so objektiv und so fair wie nur möglich mit beiden Seiten und Sichtweisen auseinanderzusetzen und keine Fronten zu schaffen. Mir gefiel auch die offen geäusserte Sympathie für die arabische Seite, die in Israel nicht immer gerne gehört und in Deutschland eher schwammig ist. Israel hat einen "Fehler" im Umgang mit den arabischen Bewohnern des Landes gemacht, der gerade von diesem Volk so unfassbar, so unglaublich, so unverständlich ist: Israel hat den Palästinensern die menschliche Würde genommen. Das ist eine Tatsache, und es gibt in dem Buch einige Stellen, die sich nicht nur auf das verletzte Selbstwertgefühl der Juden beziehen, sondern auf das der arabischen Seite gleichermassen hinweisen. Zeit ist`s! "Der Mann aus Israel" enthält viele Gedanken und äusserungen, die ich sehr gelungen finde, leider sind die ersten beiden Kapitel weit weniger sensibel erzählt als ab dem dritten Kapitel. Die Sprache ist flüchtiger, klischeehafter, hat weniger Nuancen und Tiefe als in späteren Schilderungen, wie zum Beispiel die brillante Beschreibung des Familienlebens mit den privaten Richard-Wagner-Spielen auf der Treppenstiege in Elisabeths Elternhaus, die Beschreibung ihrer Ehe mit Lucius oder ihr Besuch bei Raffael zu Hause im kleinen Spiesserhäuschen in der Westbank. Das ist phantastisch bissig erzählt! Ein Highlight des Romans ist Elisabeths Begegnung mit Raffaels Vater, meine eindeutige Lieblingspassage das Gespräch zwischen ihr und dem alten Otto Guttman, der Figur, die die meiste Aussagekraft des ganzen Romans hat. Elisabeths Empfindungen für Raffael hingegen äussern sich beinahe ausschliesslich über sexuelle Reaktionen, vielleicht erklärt sich ihre Irritation, ihre plötzlich aufflammende Leidenschaft, ihre physische Bereitschaft und die für sie so ungewohnte sexuelle Aufgewühltheit aber hauptsächlich durch ihre wenig spannende Ehe mit dem langweiligen Schweizer Lucius. Manche Sexszenen empfand ich etwas zu reisserisch, andere Szenen hingegen als reine Poesie, ein nicht uninteressanter Kontrast. Elisabeth als Persönlichkeit ist äusserst ambivalent. Sie ist selbstbewusst, fast arrogant, gefallsüchtig einerseits, rührend ehrlich zu sich selbst, mutig, verängstigt, neugierig und voller Sehnsucht nach Leben auf der anderen Seite. Natürlich hat sie meine volle Sympathie. Die Figur des Raffael hingegen blieb für mich schemenhaft, sein Macho-Verhalten nehme ich ihm natürlich sofort ab, einige seiner Charakterzüge aber werden nicht recht transparent, das Kauzige dieser Figur mag jedoch durchaus beabsichtigt sein. Raffaels Reaktion auf den Tod Rabins fand ich sehr extrem, so wie sein Hass auf die Araber sehr extrem ist, aber - leider - glaubwürdig. Es gibt diese Extreme. Hüben wie drüben. Auch Elisabeth ist übrigens ein "Macho", sie setzt ihre weiblichen Reize genauso als Waffen und Mittel ein, mag keine schwachen Männer, ihre Verführungsabsichten haben Raffael-ähnlichen Charakter. Letztendlich wollen beide durch ein aufgesetztes Ich gefallen und wagen es nicht, sich die Masken herunterzureissen und ihr Rollenspiel aufzugeben. Sie haben beide Angst, zurückgewiesen zu werden und sich lächerlich zu machen. Die Elisabeth am Schluss ist dann die beste Elisabeth, so zart, verletzt, getroffen - ehrlich. Die Maske ist weg, es tut nur noch weh. Und dem Leser fällt plötzlich auf, dass er das Buch atemlos und in einem Zug durchgelesen hat. Keine schlechte Empfehlung für diese Geschichte.
Dieser Roman ist spannend und prickelnd, wie Israel!
19. Juni 2001
Von Ein Amazon-Kunde
Mir wurde dieses Buch im Juni 2001 eher zufällig in einer israelischen Reiseagentur empfohlen. Ich erfuhr dort, daß Margarete Jardas und ich einige gemeinsame Bekannte haben und daß ich diese auch in dem Roman wiederfinden würde. Voller Erwartung auf diese Begegnungen startete ich meinen Leseabend. Was ich las, übertraf jedoch alle meine Erwartungen. Ich habe das Buch nicht nur gelesen, sondern in gut 5 Stunden regelrecht verschlungen. Auch wenn die Haupthandlung, also die Liebesbeziehung in dieser Form wohl in den Bereich der Fiktion gehört, ist doch die Rahmenhandlung so authentisch und voller Sachkenntnis geschildert, daß man sich nach Israel versetzt fühlt. Reiserouten, Sehenswürdigkeiten, Hotels und Charaktere waren mir so vertraut, daß ich durch diesen Roman einen zusätzlichen Tag Israelaufenthalt hatte. Für DM 12.90 schon eine tolle Sache! Gut gefallen haben mir auch das Aufzeigen der Widersprüche vor Ort, die kritischen Zwischentöne und das verteten der eigenen Meinung, die durch die Figur der Elisabeth doch gut zum Ausdruck kommt. Meine Freunde habe ich auch dort getroffen! Im Klappentext wird erwähnt, daß Frau Jardas wieder an einem Roman arbeitet und ich hoffe sehr, daß auch diese neue Gechichte in der mir so vertauten Umgebung spielt.
|